Summercamp Part I
Direkt als wir in Südafrika ankamen wurde uns von dem bevorstehenden Summercamp erzählt. Die meisten Kollegen meinten, dass man eigentlich nur mit Energydrinks überlebt, weil man so wenig schläft und es insgesamt richtig anstrengend ist. Ich muss zugeben, dass sie mir schon etwas Angst gemacht haben und meine Motivation ein wenig darunter gelitten hat aber nichtsdestotrotz sind wir am Montag, 1. Oktober zusammen mit den anderen Lern 4 Life Facilitators zum Camp aufgebrochen. Weil ich zu unmotiviert war vorher zu packen, musste ich das noch, bevor wir uns um 8 an der Changemaker Academy (Hauptgebäude von Masifunde im Township) treffen sollten, machen. Eigentlich sollten wir schon um 9 zusammen mit den Kids zum Camp aufbrechen, das ging dann allerdings doch nicht, weil die Gruppe vor uns noch nicht weg war. Aus diesem Grund mussten wir unser Programm in MCA (die Changemaker Academy) starten.
Ich hatte die Aufgabe zusammen mit Alluta, eine total coole südafrikanische L4L Mitarbeiterin, eine Gruppe zu leiten. Unsere Gruppe bestand aus 3 Jungs und 6 Mädchen aus der 3./4. Klasse. Ein normaler Tag für die Kids sah in etwa so aus:
6 Uhr aufstehen
6:30 Uhr Frühsport 15-17 Uhr Outdoor Activities/Schwimmen
8-9 Uhr Frühstück 18-19 Uhr Abendessen
9-13 Uhr Workshops 20 Uhr Abendprogramm
13-14 Uhr Lunch
22 Uhr schlafen
Mein Tag war natürlich, was die Essens- und Workshopzeiten angeht gleich, mein ganzes Zimmer ist allerdings erst um halb 8 aufgestanden und wir mussten auch nur einmal wirklich bei den Outdoor Activities mitmachen, weil es dafür ein extra Team gab. Außerdem haben wir uns fast jeden Abend mit den anderen Mitarbeitern getroffen und 30 Seconds gespielt
30 Seconds ist im Prinzip eine südafrikanische Variante von Tabu, die hier relativ oft gespielt wird. Es gibt mehrere Teams, die jeweils eine Spielfigur haben. Man muss versuchen mit dieser als erster im Ziel anzukommen. Dafür muss man das Ende des Spielfeldes erreichen. Um ans Ende zu kommen muss man erst würfeln. Der Würfel hat die Zahlen 0-2. Je niedriger die Zahl desto besser, weil man bei einer 2 auch 2 Felder rückwerts gehen muss. Danach muss man die Begriffe, die auf der zum Feld farblich passenden Kartenseite stehen in 30 Sekunden erklären. Die einzige Regel ist, dass man das Wort und die Wörter, die in dem Wort stecken, nicht benutzen darf. Für jedes richtig eratene Wort darf man ein Feld nach vorne rücken. Erstmal klingt das ganze gar nicht so kompliziert aber auf den Karten stehen viele Wörter/Namen, die man als Deutscher einfach nicht kennt. Aus diesem Grund haben wir den “German advantage” eingeführt. Wir durften immer eine neue Karte nehmen, wenn wir zu wenige Wörter kennen. An sich ist das Spiel echt cool allerdings wird es irgendwann etwas langweilig, wenn man es jeden Abend spielt, deshalb sind wir am letzten Abend auf Stillepost umgestiegen. Da kamen vielleicht seltsame Sätze ( Laute trifft es glaube ich besser ) raus. Der Spieleabend war schon ein Highlight beim Summercamp, weil wir unsere Kollegen dadurch etwas besser kennenlernen konnten.
Ich finde die Leute hier echt cool! Manchmal hatten wir zwischen den Programmpunkten etwas Freizeit und statt einfach zu entspannen haben sie laut Musik angemacht und getanzt. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass die Menschen hier eine ganz andere Beziehung zu Musik haben. Sogar viele richtig kleine Kinder können schon richtig gut singen. An einem Abend sollten sich die Kids Schlachtrufe ausdenken und, weil meine Gruppe wieder mal keine Lust hatte zu üben haben sie improvisiert. Sie haben ohne geprobt zu haben mehrstimmig gesungen. Ich war echt impressed!
Unsere Workshopzeit lief leider oftmals genauso ab. Unsere Gruppe war krass unmotiviert. Einer der Jungs ist zwischendurch einfach mal eingeschlafen. Die Hauptthemen der Workshops waren Gruppenzwang, gute Freunde und Selbstliebe. Ich finde es total krass, dass wir schon mit Grundschülern über Gruppenzwang, mit Schwerpunkt auf Drogenmissbrauch, reden aber das fängt hier leider echt früh an. Zu den verschiedenen Themen haben wie Spiele gespielt, gebastelt, einen kurzen Film geschaut und natürlich einige Sachen erklärt, Fragen beantwortet und die Kinder so herausgefordert sich mit den Themen auseinander zu setzen. Ich hoffe sehr, dass sie etwas davon mitgenommen haben.
Für mich war es manchmal nicht ganz so einfach, weil die Kinder auch noch einige Probleme mit Englisch hatten und viele so nuscheln, dass man 10 mal nachfragen muss um es zu verstehen. Zum Glück war ich nicht allein. Alluta konnte oft mit Xhosa aushelfen, wenn ich nicht weiterwusste oder die Kinder das, was sie sagen wollten nicht auf Englisch ausdrücken konnten.
Die Kinder sind alle fasziniert von meinen Haaren, weil die so lang und „weich“ sind. Sie wollen gar nicht aufhören daran rumzuspielen. Ich hab eigentlich kein Problem damit aber etwas witzig ist es trotzdem. Abgesehen von der fehlenden Motivation von manchen Kindern, finde ich die Kids echt toll.
Das Gelände war richtig schön. Wir haben in vielen kleinen Häuschen gewohnt, die über eine große Wiese verteilt waren. Ich habe mir ein Zimmer mit 7 anderen Mitarbeiterinnen geteilt, die alle total cool sind. Wir hatten 4 Hochbetten in einem Raum und ein Badezimmer mit Dusche und Toilette in einem anderen Raum. Ich muss sagen ich vermisse mein Bett in Deutschland schon total, weil auch die Betten in unserem Haus nicht ganz so komfortabel und groß sind aber im Gegensatz zu den Mini Betten im Camp sind die Betten zu Hause ein Traum! Wenn ich mich ganz normal ausgestreckt hingelegt habe bin ich an beide Enden gestoßen. Ich glaube die Betten waren nur so 1,80m lang… Außerdem habe ich im oberen Bett des Hochbetts, das keine Leiter hatte, geschlafen und es war immer ein riesen Akt ins Bett und wieder runter zu kommen. Aus diesem Grund habe ich mich, wenn wir etwas im Zimmer gechillt und geredet haben, einfach auf den Boden gesetzt. Einen Tisch und einen Stuhl hatten wir leider auch nicht. Also die Zimmer hätten etwas besser ausgestattet sein können aber das war auch nicht so dramatisch, weil man sich draußen echt schön hinsetzten konnte.
Außer den Häuschen gab es noch ein großes Haus mit Küche und einem großen Speisesaal, in dem ich mich oft aufgehalten habe. Als Mitarbeiter hatte man echte Vorteile, weil wir uns Essen, Kaffee und Tee holen konnten, wann immer wir wollten. Außerdem hatten wir die Möglichkeit viel mehr frische Sachen zu essen. Morgens haben wir deshalb oft in der Küche gegessen, damit die Kinder unsere Früchte nicht sehen. Eigentlich finde ich das schrecklich aber ich hätte mich auch nicht so ernähren können wie die Kids. Es gab zu jedem Essen Fleisch und als Beilage Kohlenhydrate. Ich habe glaube ich in diesen 5 Tagen mehr Fleischersatzprodukte gegessen als in dem letzten Jahr. Wenn ich jetzt anfangen würde über die Essgewohnheiten zu reden, würde das den Rahmen dieses Beitrags sprengen, deshalb werde ich zum Thema Essen nochmal einen eigenen Artikel schreiben.
Es gab außerdem noch einen Hindernislauf, der auch für die Outdoor Activities genutzt wurde, eine große Wiese, Trampolins und einen Pool. Ziemlich gut ausgestattet! Die Kinder haben sich leider oft gestritten wegen den Trampolins. Eigentlich durfte immer nur eine Person springen, manchmal waren aber fast 10 Kinder auf einem Trampolin und haben sich gegenseitig rumgeschuppst. Einmal hab ich etwas aufgepasst, dass nichts passiert und dann haben sich 2 Jungs einfach angefangen zu prügeln. Man merkt schon deutlich, dass die Kinder aus dem Township kommen und nicht so gut hören. Teilweise muss man richtig schreien, damit sie hören. Weil die Kids nicht aufhören konnten wegen den Trampolins stress zu machen, haben die Besitzer des Camps die Netze rausgenommen. Ärgerlich aber eine andere Lösung gab es leider nicht.
Ich war bei einem Schwimmturnier der 3./4. Klasse als Zuschauer dabei und war ehrlich gesagt geschockt, wie viele Schwierigkeiten die Kinder mit Schwimmen haben, weil sie einfach keine Möglichkeit haben es zu lernen. Nicht eins der Kinder konnte die Strecke komplett schwimmen ohne dabei halb zu ertrinken oder zu laufen. Das ist ein Grund, weshalb Masifunde das Programm Learn2Swim anbietet, in dem die Kids einmal die Woche entweder in einem Schwimmbad oder sogar im Meer schwimmen/surfen lernen. Lena, eine meiner Mitbewohnerinnen, die ich euch hoffentlich bald mal vorstellen werde, leitet mehrere Learn2Swim Gruppen.
Ich glaube es gibt nicht ein Camp, das ohne Drama verläuft. Am Anfang dachten wir, dass es dieses Mal echt super läuft und es vielleicht gar kein Drama geben muss aber da haben wir uns natürlich total getäuscht. Am Mittwochabend, der Abend an dem ich mit Abstand am hungrigsten war, standen wir schon mit den Kellen bereit, um den Kindern das Essen auszuteilen, als uns die Nachricht erreichte, dass ein ganzes Mädelszimmer in ihrem Zimmer eingeschlossen wurde. Anscheinend hatten sie den Schlüssel außen stecken lassen und jemand hat von außen zugeschlossen. Weil sich niemand zu der Tat bekennen wollte, haben wir damit gedroht das Essen so lange hinauszuzögern, bis der Schlüssel wieder auftaucht. Ich hab mir in der Zeit ein Avocadobrot gemacht, weil ich es nicht mehr aushalten konnte. Wir haben alles durchsucht, besonders die Umgebung des Zimmers, im Zimmer und die Kids sollten in ihren Zimmern nochmal alles durchsuchen. Hat aber natürlich alles nichts gebracht. Wenn ich den Schlüssel genommen hätte, hätte ich wahrscheinlich auch zu viel Angst gehabt es zuzugeben und hätte ihn irgendwo ins Gebüsch geworfen oder so. Irgendwann haben wir dann doch noch gegessen, weil alles nichts gebracht hat. Dafür sind dann die meisten Abendaktivitäten ausgefallen.
Am nächsten Morgen hat ein größeres Mädchen den Schlüssel bei Fu (Mein Co-Facilitator bei Connecting Continents) abgegeben und gemeint, sie habe ihn in der Tasche eines anderen, kleinen Mädchens aus ihrem Zimmer gefunden. Das kleine Mädchen kenne ich mittlerweile ziemlich gut, weil sie in meiner Gruppe war und es war völlig unrealistisch, dass sie den Schlüssel genommen hat, weil sie total schüchtern und unschuldig ist. Das haben die anderen Facilitators natürlich auch sofort verstanden, weil sie die Kids auch sehr gut kennen. Deshalb haben sie nochmal etwas nachgehakt, wieso genau das große Mädchen die Tasche des kleineren durchsuch hat etc. und haben so das große Mädchen dazu gebracht zu gestehen. Was ein Hickhack!
Sonst war das Camp eigentlich echt schön und ich würde euch total gern einige Bilder zeigen, die Charlie, auch eine Mitbewohnerin, gemacht hat. Sie ist den ganzen Tag rumgelaufen und hat von allem Fotos geschossen. Da waren ein paar super Fotos dabei und ich dachte, weil die Qualität dann noch etwas besser ist als mit dem iPhone, dass ich dann einfach ein paar Fotos davon nehme. Blöderweise hat jemand aus Versehen alle Fotos gelöscht und es ist nicht ganz klar, ob wir die irgendwie nochmal retten können, deshalb hab ich jetzt leider kein einziges Foto von den Kids… Bei dem nächsten Camp im Dezember werde ich definitiv auch mit dem iPhone Fotos von den Kids machen.
Ich bin total gespannt, wie das nächste Camp wird. Es wird wahrscheinlich einiges stressiger, weil wir genauso viele Facilitator sind, dafür aber fast doppelt so viele Kinder. Außerdem sind das nur die High Schooler und manche von denen sind älter als wir. Es wird also noch schwerer eine Autorität zu sein. Wahrscheinlich müssen wir uns da als 25-jährige verkaufen damit sie uns ernst nehmen und auf uns hören. Ich bin echt mal gespannt und werde euch definitiv wieder davon berichten.
See ya:D
2 Kommentare
Christine Weiß
Hey Toni, wie gut, dass die Kinder mit euch gemeinsam lernen und Spaß haben können!
ich vermisse dich und deine Liebe zum Essen und anderen schönen Dingen des Lebens!
Antonia Weiß
Hey Mom,
ja das ist definitiv gut. Meine WG und ich mussten schmunzeln, als wir deinen Kommentar gelesen haben, weil meine Liebe zum Essen bei uns fast schon ein running gag ist. Du kennst mich ja, ich habe eigentlich immer hunger und freue mich auf jedes Essen. Außerdem fotografiere ich mein Essen oft und darüber müssen die anderen schmunzeln. Ich vermisse dich auch <3