Blick in die Zukunft
South Africa

tick. tock.

Tick. Tock. Tick. Tock. Ich kann die Uhr immer lauter ticken hören. Es wird jeden Tag schwieriger das Ticken zu ignorieren. In genau 3 Wochen steige ich aus dem Flugzeug, das mich zurück in mein altes Leben katapultieren wird. Ich kann es gar nicht glauben. Sind wirklich schon 48 Wochen vergangen seit ich in Frankfurt zusammen mit meinen Mitfreiwilligen in das Flugzeug gestiegen bin? Es kommt mir vor als wäre es erst gestern gewesen. Das Ende dieses Abenteuers rückt immer näher und so langsam kommt bei mir an wie schnell diese letzten Wochen vergehen werden und, wie bald ich wieder zurück in Deutschland sein werde. Das erscheint mir so unwirklich. Momentan geht mir alles etwas zu schnell! Ich bin noch nicht bereit dieses Land zu verlassen!

Mein Zeitgefühl ist durcheinander. Wie kann ein Jahr so schnell vergehen? Wenn ich daran denke wie lang sich ein Jahr in der Schule gezogen hat und, wie schnell dieses Jahr vorbei geht kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Jahr immer die gleiche Anzahl an Wochen, Tagen und Stunden hat.

Was ist eigentlich “Zeit”? In der Physik ist Zeit ganz klar definiert. Sie ist eine Größe (t), die man zwar messen kann, die aber zugleich unaufhaltbar und nicht beeinflussbar ist. Sprich, man kann sie nicht anhalten oder zurückdrehen, egal wie sehr man es sich manchmal wünschen würde. Obwohl sich die Größe Zeit nie verändert, kann sie sich verschieden lang oder kurz anfühlen, je nachdem wie viele Ereignisse auf einander folgen.

Bei den vielen Veränderungen und Ereignissen, die ich hier in SA hatte ist es ja gar kein Wunder, dass das Jahr schneller vergangen ist als ein Großteil der letzten Jahre in Deutschland. Ich war zum ersten Mal so lang von meiner Familie getrennt, musste zum ersten Mal seit 12 Jahren nicht jeden Tag in die Schule gehen, habe zum ersten Mal allein gelebt und mich selbst verpflegt, habe zum ersten Mal gearbeitet, wurde zum ersten Mal mit krasser Armut und Ungleichheit konfrontiert, hatte zum ersten Mal einen kleinen Kulturschock, habe zum ersten Mal (und wahrscheinlich auch letzten Mal) einen Bungee Jump gemacht, wurde zum ersten Mal überfallen und musste zum ersten Mal mit einem Trauma kämpfen. Okay, das klingt jetzt nicht alles positiv aber an jeder Erfahrung bin ich unglaublich gewachsen.

Einerseits fühlt es wirklich an als wären wir erst gestern von dem Masifunde Team am Flughafen abgeholt worden, andererseits ist in diesem Jahr so viel passiert, dass es auch 5 Jahre hätten gewesen sein können.

Je monotoner und langweiliger das Leben ist, desto länger fühlt es sich an. Auch an der Arbeit ist es nicht anders. Wenn ich viele verschiedene Projekte habe, ich das Venue wechseln muss und insgesamt viel passiert, geht der Tag 10 Mal schneller vorbei als, wenn ich nur am Laptop sitze und irgendwie die Zeit totschlagen muss. Also ist es ganz natürlich, dass sich ein ereignisreiches Jahr wie dieses viel kürzer anfühlt als Jahre, in denen Monotonie herrscht.

“Adventure may hurt you but monotony will kill you!”

Als ich gestern Abend mit Anne über das Leben philosophiert habe, kamen wir auch wieder auf das Thema Zeit. Sie meinte dann, dass es ja nur logisch sei, dass es sich anfühlt als vergehe die Zeit schneller, wenn man älter ist, da ein Jahr für ein zwei-jähriges Kind so lang ist wie die Hälfte seines Lebens und für eine 60-jährige Oma nur so lang wie ein Sechzigstel ihres Lebens. Verrückt, dass ich noch nie auf diese einfache und sehr logische Erklärung gekommen bin.

Ich habe das Gefühl, dass die Schule meine Neugierde komplett unterdrückt hat, weil einen jeder dazu zwingen wollte Fragen zu haben und diese zu stellen. Ich habe hier erst wieder richtig gelernt neugierig zu sein und Fragen zu stellen. Manchmal fühle ich mich wie ein kleines Kind, dass gar nicht aufhören kann Fragen zu stellen und unbedingt die Welt verstehen möchte. Ich genieße wirklich jeden Abend, den ich zusammen mit Lena und Anne damit verbringe über alles Mögliche zu philosophieren.

Ich kann echt nicht glauben, dass ich die ganzen Menschen hier erst vor einem Jahr kennengelernt habe. Bei manchen fühlt es sich an als würde ich sie schon mein Leben lang kennen. Die Vorstellung, dass ich bald wieder in Deutschland bin und gerade meine Mitbewohner nicht mehr jeden Tag sehen werde macht mich traurig. Das Jahr soll noch nicht vorbei sein!!

Ich war neugierig, wie viele Monate, Wochen und Tage lebe ich schon und, wie viel Prozent meines Lebens habe ich in Südafrika gelebt. Erst wollte ich es selbst ausrechnen, war dann aber doch etwas zu faul und habe meinen Freund Google um Hilfe gebeten. Ich habe herausgefunden, dass ich 238 Monate oder 1035 Wochen oder 7245 Tage alt bin. Von diesen 7245 Tagen habe ich 343 Tage in Südafrika gelebt. Das sing knapp 5 Prozent meines Lebens. Interesting 😀

Zeit ist wirklich so etwas Verrückstes. Es war echt interessant sich mal etwas mit dem Thema zu befassen. Mir wurde definitiv nochmal bewusster, dass man zwar keinen Einfluss darauf hat wie schnell die Zeit vergeht, man aber entscheiden kann womit man seine Zeit füllt und somit Einfluss auf das eigene Zeitgefühl hat. Natürlich kann man nicht immer nur Sachen machen, auf die man Lust hat aber, wenn man die richtige Einstellung hat kann man selbst an Dingen, auf die man keine Lust hat, Spaß haben.

Mittlerweile bereue ich, dass ich basically seit der 5. Klasse meine Zeit in der Schule nur totgeschlagen habe. Ich hätte so viel lernen können und hätte Spaß daran haben können aber ich hatte dafür nicht die richtige Einstellung. Ich bin so unglaublich dankbar für die Möglichkeiten, die wir in Deutschland haben. Unsere Bildung ist wirklich gut und das for free. Ich freue mich echt darauf bald zu studieren.

Dieses Jahr hat mir persönlich so viel gebracht. Ich habe nicht nur viel über Südafrika und die verschiedenen Kulturen gelernt, sondern konnte auch zum ersten Mal meine Privilegien als weiße deutsche Frau wirklich sehen und appreciaten. Natürlich wusste ich auch vorher schon, dass ich Privilegien habe aber hier ist mir erst richtig bewusst geworden, was das eigentlich bedeutet. Es ist wirklich nicht fair und ich wünschte jedes Kind könnte unter den gleichen Bedingungen groß werden und die gleichen Chancen haben aber das ist in dieser Welt einfach nicht möglich…

Es ist so wichtig, dass man erkennt, welche Privilegien man hat und man lernt diese zu schätzen und versucht anderen Menschen, die nicht die gleichen Privilegien genießen, zu helfen. Es gibt einige Wege dies zu tun. Ein Freiwilligen Dienst ist ein Weg, ein anderer wäre spenden. Ich bin werde zwar die nächsten Jahre auch nicht in Geld schwimmen, weil man als Student für gewöhnlich nicht besonders viel Geld verdient aber ich habe mir fest vorgenommen einen Teil meines Geldes zu spenden.

Ich war schon immer ganz gut darin Geld zu sparen und Großzügigkeit war auch nicht unbedingt mein Ding. Das wollte ich hier etwas ändern. Beispielsweise habe ich eine Kollegin, die mir immer meine Braids macht. Es dauert wirklich Stunden und am Anfang hat sie es immer kostenlos für mich gemacht. Seit mir bewusst geworden ist wie viel mehr ich in Deutschland mit einem 450 Euro Job verdienen kann als sie hier in Südafrika mit einem Vollzeitjob habe ich angefangen ihr einige Hundert Rand dafür zu geben, weil ich genau weiß, dass sie es gut gebrauchen kann. Sie arbeitet jeden Tag 8 Stunden und bekommt am Ende des Monats weniger als das Taschengeld, dass ich hier bekomme.

Als Freiwilliger muss ich für dieses Jahr 1800 Euro an Spenden für Masifunde zusammen bekommen. Ich habe schon einiges zusammen aber komme leider noch nicht ganz auf die 1800 Euro und würde eigentlich auch gerne mehr als diese 1800 zusammen bekommen. Also, falls du dir vorstellen könntest etwas zu spenden, wäre ich und besonders die Kinder hier bei Masifunde sehr dankbar für deinen Beitrag.

Ich werde defintiv auch nach diesem Jahr weiterhin an Masifunde spenden, weil ich hier sicher sein kann, dass die Kinder von dem Geld profitieren und ich davon überzeugt bin, dass diese Organisation so einiges in den Leben der Kinder verändern kann.

https://www.masifunde.de/wie-sie-helfen/spenden/

Über diesen Link kann man ganz einfach bei Masifunde spenden, man kann sogar auswählen, ob man möchte, dass das Geld an die Organisation in Südafrika oder in Deutschland geht. Falls du etwas spenden möchtest wäre es cool, wenn du meinen Namen in den Verwendungszweck schreibst, damit die Mitarbeiter bei Masifunde wissen, dass die Spende zu meinem Spendenkonto hinzugefügt werden soll.

See ya soon 0.0

Ein Kommentar

  • Helmut Dieter Appel

    Liebe Antonia,
    Ich gehe davon aus, dass dies Dein letzter Block gewesen ist, oder doch nicht ? Man merkt sehr deutlich, dass Du voll und ganz unter dem Eindruck Deiner Afrikaeindrücke stehst und man kann es auch voll nachvollziehen. Dieses Jahr in Afrika ist für Dich eine Schule für Dein ganzes Leben ! Du wirst es nie vergessen und, so glaube ich ganz fest, Du wirst Dein ganzes Leben davon profitieren. Gerade auch deswegen, weil Du nicht nur angenehme Dinge erlebt hast, sondern das wirkliche Leben; auch mit Dingen, die man eigentlich nicht erleben möchte.
    Dieses Jahr Afrika ist ein Geschenk für Dich, auch ein Geschenk Gottes, liebe Antonia.
    Natürlich kann ich verstehen, dass Du noch gerne einige Zeit mit Deinen (neuen) Freunden in Afrika bleiben möchtest. Doch Du wirst nach einiger Zeit sehen, wie schön und wertvoll es auch wieder “zu Hause” für Dich sein wird. Gerade auch deshalb, weil Du so viel erlebt hast, was Dich sicher verändert hat.
    Interessant fand ich auch Deine Aussagen über die Zeit. Die Zeit, die uns geschenkt ist und mit der wir so viel anfangen können, egal wo wir leben ! Alles Liebe und guten Heimflug wünscht Dir Dein Opa Helmut

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